
von Johannes Stephan Wrobel
26.
Juni 1963. Zum Jahrestag der Luftbrücke besucht US-Präsident
John F. Kennedy West-Berlin.
Am frühen Nachmittag laufe ich
schnell zur Schloßstraße (Steglitz), die nicht allzu weit
vom Breitenbachplatz (Wilmersdorf), wo ich wohnte, entfernt ist, um
John F. Kennedy vorbeifahren zu sehen. Im Radio war gerade seine
große Rede vor dem Rathaus Schöneberg übertragen
worden und der berühmte Satz "Ich bin ein Berliner".
West-Berlin war in Hochstimmung und bejubelte den
Freiheits-Präsidenten.
Die Bürgersteige in der
Schloßstraße waren voll wartender Menschen, die dicht
gedrängt am Fahrbahnrand standen, aber ich zwängte mich als
kleiner Steppke durch und stand schließlich ziemlich nah der
Bordsteinkante mit Blick auf die freie Fahrbahn. Und dann kamen erst
die Spitzenfahrzeuge der Eskorte und dann der US-Präsident
selbst im offenen Wagen zusammen mit dem regierenden Bürgermeister
Willy Brand und Bundeskanzler Konrad Adenauer. An Kennedys
Vorbeifahrt kann ich mich noch gut erinnern, das bleibt unvergessen.
Der junge Präsdent war in Eile, der nächste Termin
wartete – seine Rede vor der Freien Universität Berlin in
Dahlem, wie ich heute weiß.
Als
Kind nahm ich damals unsere Freiheit im demokratischen Westen fast
für selbstverständlich, obwohl meine Oma gleich hinter der "Bornholmer Brücke" (Bösebrücke) in Ost-Berlin unfrei unter manchem
sozialistischem Mangel litt. Freiheit gehörte für mich erst
viel später zu den höchsten Gütern und veränderte
mein Leben, nicht nur weil ich 12 Jahre lang in der
Holocaust-Forschung tätig war und weiß, wie unfrei
Menschen werden können.
Es war das Wort "Freiheit", das auch im Januar 2011 eine
Rolle für mich spielen sollte.

Damals spendierte Mika Ramm, der Chef meiner Vertragspartnerfirma, den Geschäftskollegen und mir bei der Teammanager-Jahrestagung
2011 ein Motivationstraining, zu dem ein aufregender Feuerlauf
gehörte, also freiwillig über glühende Kohlen,
eigentlich über heiße Asche und Kohlen zu laufen. Darauf
wurden wir vom gebuchten Veranstalter vorab mental sorgfältig
vorbereitet. So forderten sie uns zum Beispiel auf, jeder für
sich, einen bedeutungsvollen Schlüsselbegriff zu wählen,
den man dann beim Anlauf auf die heiße Asche ausruft. Als ich
in mich hineinhorchte, fand ich kein schöneres und motivierendes
Wort – nein, weder Liebe noch Hoffnung – als das Wort Freiheit. Ich rief
"Freiheit!" aus und lief über heiße Kohlen,
siehe Foto, meinen Füßen passierte nix, man muss halt
geschwind laufen, alles Kopfsache, Ziele setzen, sich motivieren und
sie erreichen. Darum ging's.
Ich war selbst so überrascht,
wie gut das ging, dass ich es nochmals versuchte, und dann noch
einmal "Freiheit" ausrief und zum drittenmal Feuerläufer
wurde. Bis heute – "frei" zu sein, ideologische und
spirituelle Unabhängigkeit, bedeutet mir sehr viel. Für die
persönliche Freiheit bringen immer wieder Menschen große
Opfer. Alle freien Menschen, egal wo sie leben, sind "Berliner",
sagte damals Kennedy. Ich bin ein Berliner. Und ich bin Freilassinger, gemäß der Wortbedeutung ein "Freigelassener".
Photo credit (oben):
John F. Kennedy und Konrad Adenauer in Berlin am 26. Juni 1963. Bundesarchiv, B 145 Bild-F015843-0016 / Schmitt, Walter / CC-BY-SA 3.0
[CC BY-SA 3.0 de
https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en]
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